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Interview mit Bruno Preisendörfer

Bruno Preisendörfer über seine Zeitreise-Bücher

Durch die Zeit reisen zu können ist für viele Menschen der größte Traum – haben Sie sich diesen Traum selbst erfüllt, indem sie sich schreibend zuerst in die Goethe-, dann in die Luther- und jetzt in die Bach-Zeit versetzt haben?
Es sind tatsächlich Traumreisen, noch dazu solche, auf denen einem nichts passieren kann. Man reist im Kopf, wenn auch mit Herz, und kommt stets heil zurück, wenn auch manchmal mit Herzklopfen. Andererseits sind es nicht nur Vergnügungsreisen. Und das Schlimme und Böse, auf das man in der Vergangenheit stößt, kann man nicht gut machen, allenfalls besser verstehen.

Wie gehen Sie bei der Recherche vor, wie haben Sie sich zuletzt etwa die Zeit von Johann Sebastian Bach erschlossen?
Ich lese, ich höre Musik, ich besuche die historischen "Orte der Handlung". Und ich träume sehr viel vor mich hin, mir dabei alles mögliche (und manches unmögliche) vorstellend. Wenn es gut läuft, beginnen in meinem Kopf erst die Gedanken, dann die Sätze zu laufen. Meine Finger müssen dann nur noch aufschreiben.

 

"Die Menschen im Barock brauchten und liebten die Musik, wie wir heute die Musik lieben und brauchen."

 

In Ihren Büchern wimmelt es vor spannenden Einblicken in die Alltagsgeschichte. Wälzen Sie für solche Details zentnerweise alte Bücher?
Zentnerweise, allerdings, jedenfalls nahezu. Aber zum Glück gibt es Digitalisate, da hat man manches, was sonst in Bibliotheken aufzusuchen wäre, zuhause "auf dem Schirm". Das Wälzen allein genügt freilich nicht. Man muss sammeln und vor allem ordnen und darf dabei die Übersicht nicht verlieren. Im Übrigen ist etwas nötig, was man vielleicht den "Erzählinstinkt" nennen könnte, ein Gespür dafür, woraus sich etwas machen lässt.

Was war in Ihren Augen das Besondere an der Zeit des Barock, haben Dinge wie die großartige Musik dieser Epoche etwa im Alltagsleben der Zeitgenossen überhaupt eine Rolle gespielt?
Von unserer (zum Glück) demokratischen Gegenwart aus betrachtet war das Barock eine, man kann schon sagen: ziemlich "durchgeknallte" Zeit, vor allem hinsichtlich der Machtausübung kleiner und großer Potentaten. Die Musik hat im Alltag der Zeitgenossen eine sehr große Rolle gespielt, wenn auch nicht in Form unserer Dauerberieselung. Aber vom Bierfiedler im Wirtshaus, über den Stadtpfeifer auf Hochzeiten bis zum Kantor in der Kirche – die Menschen damals brauchten und liebten die Musik, wie wir heute die Musik lieben und brauchen.

 

 

Das neue Buch: Eine anregende, kundige und kurzweilige Zeitreise ins Barock

Von Leipziger Lerchen, italienischen Kastraten, Kaffeehäusern, Tabakschmauchern, Opern, Adel und "fürwitzigen Weibern"

Das Deutschland, in das wir diesmal mit Bruno Preisendörfer reisen, war erfüllt von der Musik tausender Hoforchester, Kirchenorgeln und Chöre, ob zur Unterhaltung des Adels, zu jedem Gottesdienst oder auf den Dorffesten der einfachen Leute – immer wurde gefiedelt, geflötet und getrommelt. Und es wurde komponiert: Musik, die bis heute weltweit die Menschen beeindruckt und berührt.

Bruno Preisendörfer nimmt uns mit in das Leben der Menschen im Barock, in die Zeit der großen Komponisten Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel und Georg Philipp Telemann.

Wir tauchen ein in den Alltag der Leute, erfahren von ihren Freuden und Lastern. Beinahe alle großen Themen des Lebens finden sich in diesem Buch – wie wurden etwa Ehen angebahnt, wer durfte überhaupt wen heiraten und wie hielt man es mit der Kindererziehung? Auch die neuesten Moden und Erfindungen der Zeit kommen nicht zu kurz: Gebratene Singvögel zum Abendessen, Blumenzwiebeln als Spekulationsobjekte, Tabak für die Männer, Kaffee für die Frauen, Tanz, Bier und Schnupftabak für alle. Und immer spielt die Musik, mit ihren verschiedenen Vorzeichen zwischen religiösem Pflichtbewusstsein, Dienstbarkeit gegenüber dem Adel und einfachem Vergnügen, eine Hauptrolle.