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Erfahrungen eines Stadtmenschen im Wald

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Als die Pandemie ausbrach, hat sich H.D. Walden in eine einsam gelegene Hütte zurückgezogen. Im Interview berichtet der Autor von den Erfahrungen, die er – ein echter Naturbanause – in dieser Zeit gemacht hat.

 

Ein Waldspaziergang- ok, da bin ich dabei, frische Luft tut bekanntlich gut. Aber wohnen im Wald, in einer einsamen Hütte: war das nicht furchtbar langweilig?

Langweilig wäre es gewesen, wenn man auf große Ereignisse gewartet hätte. Aber ich wartete abends auf einen Waschbären und einen Igel. Je weniger passierte, desto bedeutender wurden die kleinsten Ereignisse. Und es gab eine Unmenge kleiner Ereignisse – also langweilte ich mich nie.

 … und einsam?

Man kann nicht einsam sein, wenn 20 Vögel um einen herumschwirren. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum so viele Leute Vögel füttern. Auch im tiefen Wald kann man nicht einsam sein, denn gerade, wenn man allein dort unterwegs ist, spürt man die sonderbare Präsenz des Waldes – die übrigens manchmal auch ein bisschen unheimlich sein kann.

Was hat Sie als Stadtmensch überhaupt dazu bewogen, sich aus ihrem natürlichen Lebensraum zu entfernen?

Ich wollte mich nicht anstecken.

Ihre Freundin behauptete, die Tiere im Ruppiner Waldgebiet hielten Sie für eine verrückte Kuh, da die meisten noch nie einen Menschen gesehen hätten. Wie haben die Tiere auf Sie reagiert?

Als sie merkten, dass ich sie nicht zu fressen versuche sondern füttere, empfanden sie meine Anwesenheit als überaus positiv.

Dompfaffen, Kleiber, Mönchsgrasmücken. Mithilfe ihrer App haben Sie gelernt, die verschiedenen Vogelarten zu unterscheiden. Welchen Vogel haben Sie dabei am liebsten gewonnen?

Eindeutig die Kleiber. Es sind elegante und unglaublich pfiffige Vögel.

Ist es wirklich wahr, dass Sie sich von einem Waschbären haben austricksen lassen? Mehrfach?

Klar! Aber ich schäme mich nicht. Waschbären zählen zu den intelligentesten Tieren überhaupt. Sie sind eindeutig fähig, sich die Folgen einer Handlung vorzustellen. 

Welche Ihrer Erfahrungen möchten Sie anderen Naturbanausen für Ausflüge in die Natur mit auf den Weg geben?

Im Wald nie auf den Wegen gehen, immer querwaldein. Selbst in einem kleinen Wald verändert das erstaunlich viel. 

Wenn Sie es sich nochmal aussuchen können: Wood Office oder Home Office?

Immer Wood Office!

Henry David Thoreau blieb zwei Jahre, zwei Monate und zwei Tage in seiner Hütte am Walden-Pond. Wie lange würden Sie es in der Hütte aushalten?

Bis im Winter das Wasser abgestellt wird. Das Wichtigste ist fließendes Wasser. Ohne fließendes Wasser wird man kauzig und beginnt, mit den Tieren zu sprechen.

 

 

Sehenswertes 

MDR Kultur: Aus Liebe zur Natur: drei Bücher über die Wildnis

rbb zibb: Gespräch am 19. März 2021 mit Linus Reichlin 

Lesenswertes 

WDR 5: Gemeinsamer Buchtipp von Christine Westermann und Andreas Wallentin

Hörenswertes 

MOZ Podcast "Dit is Brandenburg": Brandenburg und sein Wald erfinden sich neu (Folge 25) 

H. D. Walden ist das Alter Ego von Linus Reichlin, der von Natur keine Ahnung hatte. Nach monatelangem Aufenthalt in einer Hütte im Ruppiner Wald- und Seengebiet war es unvermeidlich, dass er lernte, einen Kleiber von einem Dompfaffen und einen Waschbären von einem Marder zu unterscheiden. Zu einem der genannten Tiere entwickelte sich ...

Zum Autor

Ein Stadtmensch im Wald

Ein großes Waldgebiet, eine einsam gelegene Hütte und in ihr: ein Naturbanause aus der Stadt. H. D. Waldens Bericht über seinen unverhofften Neuanfang mit der Natur.

Ein Schriftsteller zieht sich allein in eine Hütte zurück, irgendwo im Ruppiner Waldgebiet. Die Gegend ist so verlassen, dass seine Freundin behauptet, die Waldtiere wüssten nicht, was Menschen sind und würden meinen, es handele sich um verrückte Kühe.

Doch auch der Schriftsteller muss sich eingestehen, dass er nicht besser Bescheid weiß als die Tiere: Vögel beispielsweise sehen für ihn alle gleich aus. Ein Stadtmensch eben. Da er sonst nichts zu tun hat, beginnt er mit Hilfe einer Vogelbestimmungs-App und Vogelfutter sich der Angelegenheit zu nähern. Und tatsächlich, sie kommen alle angeschwirrt: Kohlmeisen, Kleiber, Dompfaffen – wie er nun lernt. Und sie unterscheiden sich charakterlich stark: die Mönchsgrasmücke benimmt sich draufgängerisch wie Tom Cruise, während die Kleiber so überdreht wie Kokainisten wirken.

Überhaupt: Von wegen nicht viel los im Wald. Jede Nacht, exakt um dieselbe Uhrzeit, knackt ein Waschbär sehr geschickt die Vogelfutterkiste auf, und ist auch sonst ziemlich dreist. Eine Maus macht Lärm für zehn. Und ein Fuchs hat ein echtes Problem. Und dann ist da noch der Igel-Hüne.

Je länger der Autor die Tiere beobachtet und das wilde Fremde wie das nahe Vertraute in ihnen erkennt, desto stärker verändert sich seine ganze Wahrnehmung, sein Gefühl für Zeit, ja sogar das für Geborgenheit.

»Während andere Home Office machten, machte ich Wood Office, und dazu gehörte das Vertreiben von Nebelkrähen mit Besenstielen.«

Gebundene Ausgabe 14,00 €
E-Book 12,99 €